Werke der Weltliteratur zeichnen sich durch die Universalität menschlicher Erfahrungen aus. So erzählen die mittelenglischen «Canterbury Tales» des Schreibers Geoffrey Chaucer aus dem 14. Jahrhundert von Liebe und Verrat, von Grosszügigkeit und Habgier. Die Motive stehen in einer abendländischen Tradition, die von Ovid über Boccaccio bis zu Goethe reicht.
Die Universität von Leicester will nun diese «Canterbury Tales» aus dem Lehrplan kippen – zugunsten eines «antikolonialen Curriculums».
Die konservative Tageszeitung Daily Telegraph machte die Anweisung an das Lehrpersonal publik, die Leseliste für die unteren Semester des Fachs Englische Literatur entsprechend zu ändern. Das Angebot müsse neu «eine chronologische Literaturgeschichte» umfassen sowie «eine Auswahl von Modulen zu Rasse, Ethnizität, Sexualität und Vielfalt, ein dekolonisierter Lehrplan und neue berufsorientierte Module». Diese Lerninhalte gelten anstelle von allen Texten vor 1500; der etwas spätere William Shakespeare hat also gerade nochmals Glück gehabt.
Die Fakultät begründet das Ansinnen damit, dass die Uni damit «international wettbewerbsfähig» bleibe. Anders gesagt: Man will sich einem diffusen Bildungsideal anpassen, die sich nach billigem politischem Opportunismus richtet.
Die Leicester University geniesst übrigens nicht zum ersten Mal Aufmerksamkeit. Die Unileitung änderte letztes Jahr den «International Women’s Day» in «Womxn’s Day» im Hinblick auf Transgender Studierende – um wettbewerbsfähig zu bleiben, versteht sich.
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William Shakespeare hat kein Glück gehabt. Er steht auf der Liste für die nächste Verschärfung. Die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Universität ist erst gewährleistet, wenn ausschliesslich Werke von Marx und Lenin als historische Werke auf dem Lehrplan stehen. Alles andere wird ein streng geprüfter Mix aus politisch überkorrektem, dekadentem Zeitgeist sein. Waren Universitäten einst die Kaderschmieden, so sind sie heute der Ort, wo man dümmer rauskommt als man reinging.